Belgische Krankenhausdirektoren schlagen Alarm: „Unser Gesundheitssystem braucht eine grundlegende Reform“
Wertorientierte Gesundheitsversorgung als Schlüssel zu einem zukunftssicheren System
Das belgische Gesundheitssystem steht an einem Scheideweg. Das System, das lange Zeit für seine Zugänglichkeit und Qualität gelobt wurde, wird den wachsenden Anforderungen nicht mehr gerecht. Die steigende Nachfrage nach Pflegeleistungen, akuter Personalmangel und finanzieller Druck bringen das System einer existentiellen Krise immer näher. Der Belgische Verband der Krankenhausdirektoren warnt in einem heute veröffentlichten Bericht*, dass ohne strukturelle Reformen die Erschwinglichkeit, Effizienz und Zugänglichkeit der Versorgung gefährdet sind. Er plädiert daher für einen grundlegenden Wandel hin zu einer wertorientierten Gesundheitsversorgung, der Value-Based Healthcare (VBHC). Dies ermöglicht die Bereitstellung von Gesundheitslösungen zu überschaubaren Kosten. Gleichzeitig weist er auf eine wichtige Verantwortung des Staates hin, der als größter Geldgeber des Systems nicht nur die Mittel bereitstellt, sondern auch die Aufgabe hat, den Wandel und die Innovation mit allen Beteiligten zu fördern.
Unser Gesundheitssystem hat sich traditionell auf die Behandlung und Eindämmung akuter Krankheiten konzentriert, wobei die Kostenerstattung hauptsächlich leistungsabhängig ist. Darüber hinaus ist der Sektor mit einer steigenden Nachfrage, finanziellem Druck und einem permanenten Personalmangel konfrontiert, was den Druck auf die Qualität und die Verfügbarkeit der Gesundheitsversorgung weiter erhöht. Deshalb halten die Krankenhausdirektoren einen neuen Ansatz zur Reform der Organisation und Finanzierung unseres Gesundheitssystems, bei dem die Patienten und die maximale Qualität der Gesundheitsversorgung im Mittelpunkt stehen, für dringend erforderlich. Dies erfordert Transparenz, eine beschleunigte Digitalisierung, eine solide Dateninfrastruktur und eine enge Zusammenarbeit zwischen allen beteiligten Akteuren. „Unserem heutigen Ansatz mangelt es an einer integrierten, kohärenten Vision, und er ist nicht ausreichend auf unsere Erwartungen und die Bedürfnisse der Zukunft abgestimmt. Wir stehen am Rande einer Gesundheitskrise, und die wichtigsten Akteure müssen von der Dringlichkeit eines grundlegend anderen Ansatzes überzeugt werden“, so der Verband der Belgischen Krankenhausdirektoren.
VBHC bietet einen klaren Ansatz und eine entsprechende Denkweise, um die Unzulänglichkeiten des heutigen Modells entschlossen anzugehen. Sie organisiert eine integrierte Gesundheitsversorgung, die sich an den Bedürfnissen der Patienten orientiert, wobei der Schwerpunkt auf der Prävention liegt, und zielt darauf ab, die Qualität und Kosteneffizienz zu verbessern. Durch eine effizientere Nutzung der Ressourcen und einen wirksameren Ansatz wird die Gesundheitsversorgung nachhaltiger und bleibt sie für alle zugänglich und erschwinglich.
Staat soll Regie führen
Ein erfolgreicher Übergang zur VBHC erfordert jedoch einen national koordinierten Ansatz. Aufgrund der komplexen Struktur des belgischen Gesundheitssystems stellt dies eine enorme Herausforderung dar. Die Zersplitterung der Zuständigkeiten innerhalb des staatlichen Modells trägt zu einer Überschneidung der Zuständigkeiten bei und verzögert systemische Reformen. Trotz erheblicher Ausgaben – mehr als 55 Milliarden Euro oder 11 % des BIP – bleibt die Leistung des Systems hinter den Erwartungen zurück*.
Der Belgische Verband der Krankenhausdirektoren befürwortet daher die Schaffung eines föderalen Koordinierungsorgans für die Transformation. Dieses „VBHC-Transformationsorgan“ soll die VBHC mit politischer Unterstützung und unter Einbeziehung aller Beteiligten mit einer gemeinsamen Strategie und einem konkreten Handlungsplan systematisch umsetzen. So wird ein schrittweiser Übergang zu einem stärker präventionsorientierten Gesundheitssystem realisierbar. Politische Unterstützung, finanzielle Mittel und ein Umdenken sind unerlässlich, um diesen Wandel hin zu einem zukunftsfähigen Gesundheitssystem zu ermöglichen.
Belgien hinkt international hinterher
Während zahlreiche andere Länder bei der Modernisierung ihrer Gesundheitssysteme Fortschritte machen und mit der Einführung der VBHC beginnen, hinkt Belgien hinterher. Der Staat fördert nicht genug Innovation und Digitalisierung, um eine datengesteuerte Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Dies beeinträchtigt nicht nur die Integration neuer Technologien, sondern verzögert auch die Einführung nachhaltiger Versorgungsmodelle wie der VBHC. Ohne eine schlüssige Strategie bleibt Belgien in einem reaktiven System stecken, anstatt einen proaktiven und zukunftsorientierten Ansatz zu verfolgen.
„Der Übergang zu einem zukunftssicheren Gesundheitssystem wird nicht einfach sein. Er erfordert Führung, finanzielle Mittel und den Mut, strukturelle Entscheidungen zu treffen. Doch mit dem richtigen Ansatz hat Belgien die Chance, ein europäisches Vorbild zu werden. Es ist an der Zeit, im Interesse der Patienten, der Gesundheitsdienstleister und der Gesellschaft ehrgeizig und bahnbrechend zu sein“, so das Fazit des Belgischen Verbands der Krankenhausdirektoren.
* A New Era in Belgian Healthcare: Key Findings and Collaborative Insights towards Implementation of Value-Based Healthcare
PwC_BVZD_Final paper v5.0_clean_20241206_L.pdf
PDF 6.3 MB
Über Value Based Health Care
VBHC wurde 2006 von Michael Porter und Elizabeth Teisberg als Lösung für die steigenden Gesundheitskosten und den zunehmenden Druck auf die Qualität und Zugänglichkeit der Gesundheitsversorgung weltweit eingeführt. Ziel der VBHC ist die nachhaltige Verbesserung der Ergebnisse (im Verhältnis zu den Kosten), die für die Menschen von Bedeutung sind, indem die Versorgung auf Personen mit einer bestimmten Erkrankung ausgerichtet wird. Erreicht wird dies durch die Standardisierung von Ergebnis- und Kostenmessungen und die Verwendung dieser Daten zur Überwachung und zum Vergleich der Leistungen innerhalb und zwischen Organisationen. VBHC definiert Wert als die gemessene Verbesserung der gesundheitlichen Ergebnisse einer Person im Verhältnis zu den Kosten, die für das Erreichen dieser Verbesserung anfallen. Im Rahmen dieses Konzepts werden die Gesundheitsdienstleister ermutigt, den Patienten und generell der gesamten Bevölkerung zu helfen, ihre Gesundheit zu verbessern, chronischen Krankheiten vorzubeugen und evidenzbasierte Verfahren anzuwenden.
Über den Belgischen Verband der Krankenhausdirektoren
Der Belgische Verband der Krankenhausdirektoren (BVZD) vereint Generaldirektoren, CEOs, Mitglieder von Direktionsausschüssen, Leiter und aktive Mitglieder von Verwaltungsräten belgischer Krankenhäuser. Dies geschieht unabhängig von der Rechtsstellung ihres Krankenhauses, ihrer Sprachenregelung, der Gemeinschaft oder Region, der sie angehören. Der Verband wurde am 1. Februar 2002 gegründet und zählt zu seinen ordentlichen Mitgliedern 94 Generaldirektoren und CEOs von belgischen allgemeinen Krankenhäusern, Krankenhäusern mit Universitätscharakter und Universitätskrankenhäusern. Damit sind mehr als 95 % der belgischen allgemeinen und Universitätskrankenhäuser vertreten. Belgian Association of Hospital Managers
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